Von Welten von Fremden
Aus einem Loch aus der Erde sehen wir nach oben. Der helle Fleck ist noch weit entfernt. Wir befinden uns tief unter der Erdoberfläche. Das Licht teilt sich an den Umrissen der Maschinen. Monströse Stahlgebilde, gefühllose, kraftstrotzende Maschinen. Riesige Felsbrocken brechen sie aus der Erde und befördern sie ans Tageslicht. In dieses Licht der Bedeutung, wo nichts so bleiben kann wie es ist, wie es war in den Tiefen der Erde, in der Dunkelheit.
Geboren aus der Tiefe in das Licht einer Welt. Was für ein Bild...
An die Arbeit! Den Fels zu Scheiben, Platten, Quader. Zustutzen. Verwertbar machen. Rohmaterial formen zu Arbeitsmaterial. Zu Wirtschaftsmaterial. Hinein in die Prozesse!
Der Rohschnitt ist maschinell, die Sägen jagen stumpf und metrisch durch den Fels, keine Hand, die sie führt. Doch schon folgt ein Blick den Bewegungen der Maschine, ihrer Monotonie; elegant, bedeutungsleer.
Dann kommt das Leben und nimmt sich der Felsen an. Wie Ameisen in einem Bau, die Arbeiter der Fabrik, beleben sie die Maschinerie, die toten Dinge, durch ihre Hände und aus den rohen, klaffenden Blöcken schaffen sie den Wert, der ihnen abgefordert wird. Sie kommen aus der Fremde, geködert von Anwerbeabkommen, werden eingegliedert in die Prozesse, in jener Maske der persönlichen Bereicherung, Förderung des Wiederaufbaus. Eines Landes, einer Wirtschaft, die nicht ihre ist. Und ihre Hände gestalten Räume und Kultur, im Verborgenen, hinter den Stahlbetonwänden der Fabrik.
Der Besitzer geistert durch die Hallen seiner Produktion. Ein Fremdkörper in seinem eigenen Eigentum. Getrieben. Auf der Suche. Der Suche nach einem bestimmten Arbeiter, einem, von dem er denkt, dass er ihm vertrauen kann, soll heißen: ihn bestechen kann. Mit einer Schachtel Zigaretten denkt er, hat er ihn. Er schickt ihn los, von der einen steinernen Welt in die andere. Dann flieht er aus der Welt der Arbeit, die ihm doch gehört und die er doch so gerne kontrollieren würde; fremd ist er; er zieht sich zurück, ins steinerne Herz seines Lebens, in sein Büro, kalt, quadratisch, statisch, trinkt, raucht, röchelt. Nur das Telefon, sein Draht zur Außenwelt---
Sie sitzt in ihrem Haus aus Stein. Denselben, denkbar, wie die, der Erde abgewonnenen, durch die Hände jener Fremden. Sie in ihren eigenen Wänden, dieser Festung der Kunst, dem architektonischen Meisterwerk, der metrischen Avantgarde: Fremdkörper. Gesichtslos und geschichtslos. Im Versuch gefangen, mit stählernem Anschlag, rastlos, den Dingen ihre Bedeutung wiederzugeben, die verlorene. Wann haben sie denn ihre Bedeutung je verloren? Ihre Worte sind Zahlen und die Zahlen sind doch Wörter. Ihr eigenes Nicht-Sein in diesem Raum, den sie so gerne fassen würde.
Und dann bricht Es ein, getrieben von der Macht des Gehorsams, ein zu viel an Leben in diesen vier Wänden, steht im Innersten, dem Herzen der Intimität, hat sich geflüchtet ins Bad: sie muss es einschließen. Doch kann es nicht wegschließen. Lässt es laufen.
Doch Es kommt immer wieder, taucht immer wieder auf in der Metrik ihres Raums, den sie sich zu erschaffen sucht, zwanghaft. Diesen Räumen, menschenleer, bedeutungsschwangere Bedeutungslosigkeit, diese Bilder, deren Textur soviel Stofflichkeit preisgeben, die sie selbst nicht einhalten können.
Kulturräume, angelegte Werke von Natur, in Reih und Glied, die Grenze klar gezogen, sichtbarmachen, zwischen Himmel und Erde, Wasser und Erde, den kahlen Ästen und dem Licht, fügt sich den kantigen Worten, lieblos, hart, trist.
Der Ausweg. Die Lösung. Das Leben.
Der Traum, den sie so gerne träumen würde. Und in seinen Träumen, da ist er zuhause und sie kann Teil seiner Träume sein. Er träumt von dem, was sie schon haben. Vom Erfolg. Dem Angekommen-Sein. In seinen Träumen, dem Traum eines jungen Menschen, da ist die Ziellinie so greifbar nah, so simpel: steig´ ein, gib Gas! Die Träume als Unterhaltung für die ehemaligen Träumer, die erwachten, Erwachsenen, seine Kollegen, die sich hingegeben haben in ihre Rolle. Doch für ihn ist dieser Raum nicht leer, das Ziel ist das Ziel. Er ist am weitesten weg, macht diese Kluft zwischen Realität und Realem sichtbar, seine Bewegungen, tagein, tagaus, mechanisch, seine Aufgabe, mechanisch, und er träumt, Träume der Grenzenlosigkeit, in denen sie, die Gesichtslose, ihr Gesicht wiederfindet; ist es ihr Traum, den er träumt? - es ist egal, es spielt keine Rolle.
Die Leere, die jene befällt, die die Ziellinie bereits überquert haben, sieht er in seinen Träumen nicht. Er sieht nicht, wie fremd jene, die Industriellen, die Intellektuellen, der Welt sind, die sie ihr eigen nennen, wie ungestüm sie durch die Räume stolpern, die sie sich selbst geschaffen, oder es zumindest glauben. Er fliegt hindurch, unaufhaltsam. Ist ihr Zögern Warnung oder Wehmut? Er bekommt, wonach er sucht und scheitert.
Wer ist eigentlich dies Fremde?
Von Welten von Fremden
Aus einem Loch aus der Erde sehen wir nach oben. Der helle Fleck ist noch weit entfernt. Wir befinden uns tief unter der Erdoberfläche. Das Licht teilt sich an den Umrissen der Maschinen. Monströse Stahlgebilde, gefühllose, kraftstrotzende Maschinen. Riesige Felsbrocken brechen sie aus der Erde und befördern sie ans Tageslicht. In dieses Licht der Bedeutung, wo nichts so bleiben kann wie es ist, wie es war in den Tiefen der Erde, in der Dunkelheit.
Geboren aus der Tiefe in das Licht einer Welt. Was für ein Bild...
An die Arbeit! Den Fels zu Scheiben, Platten, Quader. Zustutzen. Verwertbar machen. Rohmaterial formen zu Arbeitsmaterial. Zu Wirtschaftsmaterial. Hinein in die Prozesse!
Der Rohschnitt ist maschinell, die Sägen jagen stumpf und metrisch durch den Fels, keine Hand, die sie führt. Doch schon folgt ein Blick den Bewegungen der Maschine, ihrer Monotonie; elegant, bedeutungsleer.
Dann kommt das Leben und nimmt sich der Felsen an. Wie Ameisen in einem Bau, die Arbeiter der Fabrik, beleben sie die Maschinerie, die toten Dinge, durch ihre Hände und aus den rohen, klaffenden Blöcken schaffen sie den Wert, der ihnen abgefordert wird. Sie kommen aus der Fremde, geködert von Anwerbeabkommen, werden eingegliedert in die Prozesse, in jener Maske der persönlichen Bereicherung, Förderung des Wiederaufbaus. Eines Landes, einer Wirtschaft, die nicht ihre ist. Und ihre Hände gestalten Räume und Kultur, im Verborgenen, hinter den Stahlbetonwänden der Fabrik.
Der Besitzer geistert durch die Hallen seiner Produktion. Ein Fremdkörper in seinem eigenen Eigentum. Getrieben. Auf der Suche. Der Suche nach einem bestimmten Arbeiter, einem, von dem er denkt, dass er ihm vertrauen kann, soll heißen: ihn bestechen kann. Mit einer Schachtel Zigaretten denkt er, hat er ihn. Er schickt ihn los, von der einen steinernen Welt in die andere. Dann flieht er aus der Welt der Arbeit, die ihm doch gehört und die er doch so gerne kontrollieren würde; fremd ist er; er zieht sich zurück, ins steinerne Herz seines Lebens, in sein Büro, kalt, quadratisch, statisch, trinkt, raucht, röchelt. Nur das Telefon, sein Draht zur Außenwelt---
Sie sitzt in ihrem Haus aus Stein. Denselben, denkbar, wie die, der Erde abgewonnenen, durch die Hände jener Fremden. Sie in ihren eigenen Wänden, dieser Festung der Kunst, dem architektonischen Meisterwerk, der metrischen Avantgarde: Fremdkörper. Gesichtslos und geschichtslos. Im Versuch gefangen, mit stählernem Anschlag, rastlos, den Dingen ihre Bedeutung wiederzugeben, die verlorene. Wann haben sie denn ihre Bedeutung je verloren? Ihre Worte sind Zahlen und die Zahlen sind doch Wörter. Ihr eigenes Nicht-Sein in diesem Raum, den sie so gerne fassen würde.
Und dann bricht Es ein, getrieben von der Macht des Gehorsams, ein zu viel an Leben in diesen vier Wänden, steht im Innersten, dem Herzen der Intimität, hat sich geflüchtet ins Bad: sie muss es einschließen. Doch kann es nicht wegschließen. Lässt es laufen.
Doch Es kommt immer wieder, taucht immer wieder auf in der Metrik ihres Raums, den sie sich zu erschaffen sucht, zwanghaft. Diesen Räumen, menschenleer, bedeutungsschwangere Bedeutungslosigkeit, diese Bilder, deren Textur soviel Stofflichkeit preisgeben, die sie selbst nicht einhalten können.
Kulturräume, angelegte Werke von Natur, in Reih und Glied, die Grenze klar gezogen, sichtbarmachen, zwischen Himmel und Erde, Wasser und Erde, den kahlen Ästen und dem Licht, fügt sich den kantigen Worten, lieblos, hart, trist.
Der Ausweg. Die Lösung. Das Leben.
Der Traum, den sie so gerne träumen würde. Und in seinen Träumen, da ist er zuhause und sie kann Teil seiner Träume sein. Er träumt von dem, was sie schon haben. Vom Erfolg. Dem Angekommen-Sein. In seinen Träumen, dem Traum eines jungen Menschen, da ist die Ziellinie so greifbar nah, so simpel: steig´ ein, gib Gas! Die Träume als Unterhaltung für die ehemaligen Träumer, die erwachten, Erwachsenen, seine Kollegen, die sich hingegeben haben in ihre Rolle. Doch für ihn ist dieser Raum nicht leer, das Ziel ist das Ziel. Er ist am weitesten weg, macht diese Kluft zwischen Realität und Realem sichtbar, seine Bewegungen, tagein, tagaus, mechanisch, seine Aufgabe, mechanisch, und er träumt, Träume der Grenzenlosigkeit, in denen sie, die Gesichtslose, ihr Gesicht wiederfindet; ist es ihr Traum, den er träumt? - es ist egal, es spielt keine Rolle.
Die Leere, die jene befällt, die die Ziellinie bereits überquert haben, sieht er in seinen Träumen nicht. Er sieht nicht, wie fremd jene, die Industriellen, die Intellektuellen, der Welt sind, die sie ihr eigen nennen, wie ungestüm sie durch die Räume stolpern, die sie sich selbst geschaffen, oder es zumindest glauben. Er fliegt hindurch, unaufhaltsam. Ist ihr Zögern Warnung oder Wehmut? Er bekommt, wonach er sucht und scheitert.
Wer ist eigentlich dies Fremde?